Nachhaltigkeit berechnen
Wir leisten mehr als über die Bücher geht. Hof Klostersee ist mit Geld alleine gar nicht zu bezahlen.
Biologisch dynamische Landwirtschaft ist auf Nachhaltigkeit angelegt. Die Förderung von ökologischen und sozialen Strukturen stehen im Zentrum unseres Handelns. Natürlich sind wir als Unternehmen zu einer Finanzbuchhaltung verpflichtet, die unsere Einnahmen und Ausgaben dokumentiert und die Basis für die Zusammenarbeit mit Behörden und Banken ist. Über die Finanzbuchhaltung kann die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens nur sehr eingeschränkt betrachtet werden. Die Kennzahlen der Finanzbuchhaltung konzentrieren sich ausschließlich auf die Finanzen und im Rahmen der Vorgaben der Steuerbilanzierung auch nur mit begrenzter Aussagefähigkeit für betriebswirtschaftliche Entscheidungen.
Wir führen Hof Klostersee als eine Ganzheit, einen Organismus. Eine Hofgemeinschaft mit landwirtschaftlicher Erzeugung, Verarbeitung und Handel, einem Altenwohnprojekt und einem gemeinnützigen Träger, Ausbildungsbereichen und genossenschaftlichem Engagement. Buchführung im herkömmlichen Sinn bildet diese Leistung nicht ab.
Wenn die Natur unser Kapital als auch das unserer nachkommenden Generationen ist, dann muss ihre Förderung auch bewertet werden können. Die Bewertung zum Beispiel von weidenden Kühen oder Obstbaumreihen in wirtschaftlichem, monetärem oder auch gesellschaftlichem Nutzen ist nicht Teil der bekannten Bilanzierungssysteme. Unternehmen sind nicht nur Finanzen. Unternehmen sind soziale Organismen. In diesem Zusammenhang sind auch Aussagen über ökologische und soziale Leistung oder auch Innovationsfähigkeit eigentlich unverzichtbar. Das ist in der Betriebswirtschaftslehre schon seit langem bekannt. Deshalb werden additive Kennzahlensysteme entwickelt. Im besten Fall kann die Erfassung der Daten durch eine Umstellung der Buchführung erfolgen.
Für die Landwirtschaft bietet die Regionalwert AG die Regionalwert Leistungsrechnung an. Mit dem Modell werden über die Erfassung von 300 Zahlen und Begriffen Kennzahlen aus den Bereichen Ökologie, Soziales und Regionalökonomie errechnet. Entwickelt wurde es im Projekt „Richtig rechnen in der Landwirtschaft“ zusammen mit dem Agronauten e.V. und mit Finanzierung durch den Badenova Innovationsfonds und die Software AG Stiftung.
Das Projekt ist vor dem Hintergrund entstanden, dass nachhaltig arbeitende Betriebe durch Maßnahmen (z.B. Verzicht auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenmittel, extensivere Tierhaltung, regionale Herkunft von Betriebsmitteln, Verwendung von samenfesten Sorten etc.) negative externe Effekte der Landwirtschaft vermeiden und dafür einen zusätzlichen Aufwand und Mehrkosten in Kauf nehmen. Der Mehraufwand und die damit verbundenen Kosten werden in der klassischen betriebswirtschaftlichen Perspektive meist vernachlässigt, bzw. die Leistungen der Landwirtschaft werden im Jahresabschluss nicht oder wenn, dann nur auf der Kostenseite berücksichtigt; nicht aber auf der Vermögensseite. ht ein finanzieller Nachteil für die Betriebe. D.h. Betriebe, die besondere Leistungen bringen, haben einen höheren Aufwand aber in der Regel weniger Gewinn. Quelle
Für die Landwirtschaft auf dem Hof Klostersee haben wir im Winter 2022 die Kennzahlen im Verbund der Lübecker EVG Landwege eG erarbeitet. Es haben sich neben uns weitere 15 Landwege-Mitgliedsbetriebe an dem Projekt beteiligt. Das Ergebnis dieser Berechnungen ergibt eine monetäre Bewertung der Leistungen, die die untersuchten landwirtschaftlichen Betriebe über die bekannten Kennzahlen der Finanzbuchhaltung hinaus. Die Darstellung der Leistungen in €/ha entspricht der üblichen Betrachtung landwirtschaftlicher Einheiten. In der Betriebswirtschaftslehre wird über die Analyse der Leistung/Einheit die Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit eines Verfahrens getroffen. Die Regionalwert Leistungsrechnung erweitert diesen Blickwinkel um wesentliche Größen.
Richtig rechnen in der Landwirtschaft halten wir für einen richtigen Ansatz zur Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung der Landwirtschaft. Wünschenswert wäre, wenn diese oder andere Modelle zur Bewertung von Nachhaltigkeitsleistungen in der Landwirtschaft weiterentwickelt werden. Dadurch wird es möglich unterschiedliche Wirtschaftsweisen in der Lebensmittelerzeugung und deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt zu vergleichen und deren Leistung als Ausdruck einer Gesamtheit zu würdigen.